Dem rührigen Museums- und Heimatverein Hilpoltstein (MuH) ist es gelungen, einen bedeutenden Forscher der bayerischen Braugeschichte in die Burgstadt zu holen. Am 21. Mai um 19:30 Uhr wird Dr. Wolfgang Wüst, bis 2020 Professor für Bayerische und Fränkische Landesgeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, in der Kulturscheune des Gasthauses zur Post einen Vortrag halten zur Bedeutung des mittelalterlichen Hilpoltstein als „Stadt des Bieres“. Der Ort der öffentlichen Veranstaltung ist genau der richtige: direkt neben der möglicherweise ältesten Weißbier-Brauerei Bayerns im Museum „Schwarzes Roß“, die an diesem Abend eventuell sogar besichtigt werden kann. Bekanntlich sind ja beide Häuser, das „Schwarze Roß“ und die „Post“ im Besitz der Brauereifamilie Gutmann, die ebenfalls ihr Kommen zugesagt hat.
Bei der Suche nach den ältesten Belegen für bayerisches Weißbier blieb die Hilpoltsteiner Weißbier-Braugesellschaft bisher im Dunkeln. Dr.Wüst wird dieses „dunkle“ Kapitel bayerischer Biergeschichte nach Archivstudien in einem neuen Licht erstrahlen lassen. Es geht um das Schicksal der örtlichen Weißbier-Braugesellschaft, die Herzog Johann Friedrich von Pfalz-Neuburg-Hilpoltstein (1587–1644) aus der Hand von sieben Hilpoltsteiner Braufamilien in der Rechtsform eines – modern gesprochen – Kommun-Brauhauses mit regional begrenzter Abnahme durch Bürger, Schankstätten und Wirte übernahm und zu einem leistungsfähigen frühmodernen Braubetrieb umgestalten ließ. Das herzogliche Interesse an gewinnbringender Bierproduktion vor Ort stieg, als Johann Friedrich, der jüngste Sohn des Herzogs Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, 1619 in Hilpoltstein seine Residenz bezog. Als Quelle für den Vortrag dienen die Braurechnungen der Gesellschaft. Sie haben sich in einer beeindruckenden Serie von 1617 bis 1637 trotz des 30-jährigen Krieges im Hilpoltsteiner Stadtarchiv erhalten. Die Braurechnungen belegen, dass die Braugesellschaft Hilpoltstein nicht nur fast alle heutigen Ortsteile und Weiler der Stadt, sondern auch Allersberg, Freystadt und Roth beliefert hat. So kam sehr spät zu Tage, dass Hilpoltstein im Mittelalter trotz Bamberg und Bayreuth eine bedeutende „Stadt des Bieres“ war.
Kurz-Biografie Dr. Wolfgang Wüst: Studium der Geschichte, Politikwissenschaften und Anglistik an den Universitäten Augsburg und Edinburgh/GB; 1982 2000–2019 Inhaber des renommierten Lehrstuhls für Bayerische und Fränkische Landesgeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ordentliches Mitglied der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft und der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften; 1999–2021 Vorsitzender des Historischen Vereins für Schwaben; seit 2019 Vorsitzender der Fränkischen Arbeitsgemeinschaft e.V.; seit 2021 Mitglied der Gesellschaft für die Geschichte des Bieres (GGB) in Berlin.